Pädagogisches Fundament und Ziel des Klassenrats

Mit dem Wechsel auf unserer Schule fragen sich die abgehenden Kinder unterschiedlicher Grundschulen mit ihren individuellen Vorgeschichten, Befürchtungen und Ängsten, auf wen sie in der neuen Klasse treffen, ob sie von der Gemeinschaft akzeptiert und ob sie den leistungsmäßigen Ansprüchen dort genügen werden. Sie sind aber auch voller Hoffnung und Motivation, dass es mit dem Lernen auf der neuen Schule jetzt richtig losgeht und dass sie neue Freunde und Freundinnen finden.

Welche Grundbedürfnisse haben Kinder und Jugendliche, um sich in einer sozialen Umgebung wohlzufühlen?

  • „Ich möchte dazugehören.“
  • „Ich möchte ernst und wichtig genommen werden.“
  • „Ich möchte etwas bewirken und / oder verändern können.“

Erfolge im sozialen Lernen sagen dem Kind: „Ich gehöre zur Gemeinschaft, ich habe Einfluss auf Geschehnisse und Menschen und das, was ich sage oder tue, hat eine Bedeutung.“ Hirnforscher und -forscherinnen sind der Auffassung, dass genau diese Erfahrungen der Selbstwirksamkeit geradezu eine Art „Dünger“ für das kindliche Gehirn sind. So entwickelt sich aus neuronalen Vernetzungen das Selbstwirksamkeitskonzept des Kindes beziehungsweise der Jugendlichen – die beste Basis für motiviertes und entspanntes Lernen.

Auch die Klassenlehrer und -lehrerinnen im 5. Jahrgang sind gespannt und neugierig, mit welchen Kindern sie es die nächsten sechs Jahre zu tun haben – eine Zeit des Kennenlernens und Zusammenwachsens beginnt. Sie haben ebenfalls Wünsche und Vorstellungen bezüglich der sozialen Kompetenzen ihrer Lerngruppe, die sich in folgenden Verhaltensweisen und Einstellungen wiederfinden:

  • Rücksicht auf andere nehmen
  • Anderen zuhören
  • Andere ernst und wichtig nehmen (wertschätzen)
  • Andere Meinungen respektieren und akzeptieren
  • Lösungen für Probleme und Konflikte finden
  • Kompromisse schließen
  • Die eigene Meinung ausdrücken und vertreten
  • Eigenverantwortlich denken und handeln

Im Klassenrat können die Ängste, Befürchtungen, Hoffnungen und Wünsche beider Seiten der am Unterricht Beteiligten aufgefangen und aufgearbeitet werden, indem persönliche Konflikte, schulische Probleme oder Klassenangelegenheiten dort miteinander besprochen und geklärt werden.

Ein weiterer Wunsch der Lehrkräfte:
Sie möchten wissen, was in der Klasse läuft: Wie ist die Stimmung, die Atmosphäre, wie gehen Lernenden miteinander um, gibt es potentielle Konfliktherde oder Unruhestifter/innen,….?? Durch den Klassenrat nehmen sie regelmäßig an den Sorgen, Nöten und auch Freuden der Kinder und Jugendlichen teil. Sie begleiten das soziale Miteinander der Klasse, um auch rechtzeitig und gezielt auf Mobbing, Ausgrenzung und Cliquenbildung reagieren zu können. Harmlosere Konflikte und kleinere Streitigkeiten wie z. B. die typischen „Zickereien“ unter Mädchen, können rechtzeitig besprochen und geklärt werden, bevor sie sich zu etwas Größerem „auswachsen“. In diesen Bereichen des sozialen Miteinanders nimmt der Klassenrat als Präventions- und Interventionsmaßnahme eine zentrale Rolle ein.

Durch die Auseinandersetzung nach festen Ritualen, Regeln und Aufgabenverteilungen lernen die Schülerinnen und Schüler sozial kompetent und selbstwirksam miteinander und mit Problemen umzugehen. Sie lernen Schritt für Schritt durch Selbstorganisation und Eigenverantwortung Lösungswege zu entwickeln und gemeinsame Absprachen zu treffen, die für alle tragbar und akzeptabel sind.

Die Förderung dieser sozialen Kompetenzen passt zur psychologischen Entwicklung der Kinder, bei denen sich in diesem Alter allmählich der Wechsel von der Gebundenheit an den Eltern hin zu einer größeren Unabhängigkeit vollzieht. Sie suchen eher die Verbindung untereinander als zur Lehrkraft und entwickeln ein größeres Bewusstsein ihrer selbst. Sie lernen, Standpunkte anderer zu verstehen. Ziel der Förderung ist daher die Übertragung von äußerer Verhaltensregulierung durch Erwachsene auf die Selbststeuerung der Kinder und Jugendlichen. Sie übernehmen dadurch sukzessive Verantwortung für ihr Handeln, finden und stabilisieren ihre jeweilige Position im sozialen Umfeld und qualifizieren sich von Beginn an für eine spätere, erfolgreiche Teilnahme am Ausbildungspakt.